Wissenschaft trifft Praxis: Wirkungskontrolle in der Behindertenhilfe – oder die Frage nach dem gelingenden Leben
Fachkongress am 14. und 15. Februar 2019 im Hotel Aquino Tagungszentrum

Das im Dezember 2016 vom Deutschen Bundestag beschlossene Bundesteilhabegesetz (BTHG) zielt auf die Fortentwicklung des deutschen Rechts nach Maßgabe der zentralen Prinzipien der UN-BRK. Der Gesetzgeber macht diese in örtlicher Zitierung des Art. 3 UN-BRK in der „vollen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft“ fest. Dabei ist es Sinn und Zweck der Leistungsansprüche von Menschen mit Behinderung, „ihre Selbstbestimmung und ihre volle und gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken“ (§ 1 BTHG). Die Leistungserbringer haben ihre Leistungen zu diesem Zweck so auszurichten, dass sie helfen, die Leistungsansprüche der Leistungsberechtigten bestmöglich zu befriedigen. Bei der Leistungserbringung sind die Leistungserbringer insbesondere gegenüber den Leistungs- und Rehabilitationsträgern verpflichtet, die Qualität, also die ‚gute Wirkung‘, derselben zu sichern und nachzuweisen. Eine Qualitätskontrolle der Leistungserbringung im Sinne einer ‚guten Wirkung‘ erfordert jedoch nicht nur eine grundsätzliche Klärung, worin die ‚gute Wirkung‘ besteht, sondern setzt damit einhergehend ebenso die Beantwortung der Fragen voraus, wer diese Qualität der Leistungserbringung definiert, wie sich ‚gute Wirkung‘ messen und wodurch sie sich verlässlich steuern lässt.

Die Fachdebatten und Erfahrungen um Wirkungskontrolle in Sozialen Professionen offenbaren, dass diese sich keineswegs auf die Klärung von lediglich technisch-organisatorischen Fragen reduzieren lässt. Schon die Bestimmung dessen, worin die Qualität der Teilhabe besteht, die es zu sichern und zu fördern gilt, ist klärungsbedürftig. Dabei zeigen sich Analogien zur (medizinethischen) Debatte um Lebensqualität und das Verhältnis von objektiven und subjektiven Bestimmungsfaktoren. Unbeschadet der Relevanz von dabei ins Feld geführten objektiven Faktoren, Kriterien oder Merkmalen von Lebensqualität oder Wohlbefinden wird sich auch Teilhabequalität immer nur aus der Binnenperspektive der betroffenen Menschen, also der (leistungsberechtigten) Menschen mit Behinderungen (und ihrer Angehörigen) bestimmen lassen können. Selbst ein intersubjektiv gewonnenes, d.h. von Leistungsberechtigten, Leistungsträgern und Leistungserbringern gemeinsam geteiltes Verständnis von Faktoren, Kriterien oder Merkmalen von Teilhabequalität, ließe immer noch die Frage nach halbwegs validen Indikatoren, die die Teilhabequalität messen und damit effektiv kontrollieren lassen, offen. Bei allen berechtigten Anstrengungen um die Gewährleistung einer ‚guten Wirkung‘ der zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe besteht die Gefahr einer bewussten oder unbewussten Orientierung an bestimmten Leitbildern eines gelingenden Lebens, die den Leistungsberechtigten über die Wirkungskontrolle mindestens unbewusst aufoktroyiert werden. Diese Spannung gilt es im Hinblick auf die Entwicklung geeigneter Indikatoren, Instrumente und Maßnahmen der Wirkungskontrolle in der Behindertenhilfe im Blick zu behalten. Der Kongress soll einen Beitrag dazu leisten.

Kontakt:

Regina Schwichtenberg
ICEP-Berliner Institut für christliche
Ethik und Politik
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